INTERVIEW MIT

Kritan Ingeström

Alles in einem: Mama, Groom und beste Freundin

Der Schotter knirscht unter den Reifen, als wir auf den Weg einbiegen, der zur großen Reitanlage führt. Die Sonne steht hoch am klarblauen Himmel, keine Wolke ist in Sicht. Pferde ohne Decken grasen und wandern auf den umliegenden Koppeln umher. Frühling liegt in der Luft, das spürt man. Wir parken das Auto und packen unsere Kameraausrüstung, Kleidung und Requisiten aus. Heute steht ein Content-Tag an! 

Als wir den gepflegten Stall betreten, begrüßt uns Nina freudig mit einer Umarmung. Ihr Pferd Melvin steht brav in der Stallgasse hinter ihr. Sein Fell glänzt, die Hufe sind frisch gefettet und seine Augen blicken uns aufmerksam an. Melvin ist es gewohnt, vor der Kamera zu stehen und wir waren bereits mehrmals zu Besuch, um Nina und Melvin gemeinsam zu fotografieren und zu filmen. Doch heute steht mal nicht Nina vor der Kamera. Heute sind wir hier, um Kristina „Kritan“ Ingeström zu treffen.

Wir finden ein sonniges Plätzchen auf einer Bank vor den Ställen mit einem herrlichen Blick auf die Koppeln und den Reitplatz. Nachdem wir es uns gemütlich gemacht haben, erzählt uns Kritan, dass das Reitinteresse sie schon fast ihr ganzes Leben begleitet. Denn seit sie mit sieben Jahren zum ersten Mal Reitunterricht nahm, haben sie die Pferde nicht mehr losgelassen. Einige Jahre später bekamen sie und ihre beiden Schwestern ein eigenes Pony, um das sie sich gemeinsam kümmerten. Seitdem hat Kritan fast jeden Tag mit Pferden verbracht, mit nur einer kurzen Auszeit in ihren 20ern.

Als ich meine Kinder bekommen hatte, war ich so beschäftigt, dass ich für ein paar Jahre nicht zum Reiten gekommen bin. Aber als sie etwas älter wurden und ich wieder mehr Zeit hatte, habe ich wieder angefangen, Reitunterricht zu nehmen. Als Nina noch klein war, bin ich also einmal pro Woche zur Reitstunde gefahren. Das hat mir viel Spaß gemacht!“

Es überrascht wohl niemanden, dass Nina die Liebe zu Pferden von ihrer Mutter geerbt hat. Als sie ihr erstes eigenes Pferd bekam, hatte sie in ihrer Mutter die perfekte Partnerin, die ihr vom ersten Tag an zur Seite stand und sie unterstützte.  

Als Nina ihr erstes Pony bekam, mit dem sie regelmäßig trainierte und an Turnieren teilnahm, war sie etwa zehn Jahre alt. Da musste ich sie natürlich begleiten und mit dem Transport zu den verschiedenen Orten helfen. Und da ich sowieso schon immer als Fahrerin dabei war, lag es nahe, sie auch bei anderen Sachen zu unterstützen. Selbst nachdem Nina ihren Führerschein gemacht hatte, sind wir immer noch gerne zusammen zu Kursen und Turnieren gefahren. Wir haben also einfach nie wirklich damit aufgehört.“

Es ist jetzt 20 Jahre her, dass Nina mit dem Turniersport angefangen hat. Im Laufe der Jahre hat sie verschiedene Ponys und Pferde besessen und ist bei zahlreichen Turnieren angetreten. Sie hat Schweden in den Nationalmannschaften der Ponys, Junioren, Jungen Reiter und U25 vertreten und hat auch als Seniorin an internationalen Turnieren teilgenommen. Die beiden sind also viel gereist und dabei hatte Kritan immer ihren Stammplatz auf dem Beifahrersitz des Pferdetransporters. Nina brauchte nie einen zusätzlichen Groom, da Kritan immer zur Stelle war, wenn sie Hilfe benötigte.

Ich unterstütze Nina bei vielen alltäglichen Aufgaben im Stall, insbesondere beim Misten und Putzen. An Tagen, an denen sie viel zu tun hat, kümmere ich mich um Melvin und gehe zum Beispiel mit ihm spazieren. Außerdem gehe ich zum Beispiel Futter kaufen, wenn es knapp wird, oder wechsle die Reifen am Hänger. Ich bin also nicht nur Groom. Ich würde eher sagen, dass ich Ninas rechte Hand bin.

Bei der Stallarbeit sind Nina und Kritan ein eingespieltes Team, was nach so vielen Jahren zusammen nur logisch ist. Ich frage Kritan, wie wichtig es für sie ist, ihre Leidenschaft für Pferde mit Nina teilen zu können. Da erzählt sie mir von der starken Bindung, die sie durch ihre gemeinsame Liebe zu Pferden aufgebaut haben.

Nina und ich konnten schon immer über alles reden, wir sind sehr offen und ehrlich zueinander. Man kann auch einfach schwer etwas für sich behalten, wenn man 15 Stunden nebeneinander im Auto sitzt und auf ein Turnier fährt. Da kommt alles zum Vorschein und merkt sofort, wenn jemand etwas vorspielt. Mittlerweile weiß ich also genau, wie Nina tickt. Und sie merkt auch direkt, wenn bei mir irgendetwas los ist.“

„Nina und ich konnten schon immer über alles reden.“

Über die Jahre hat Ninas Reitkarriere an Fahrt aufgenommen, und auch ihre Präsenz in den sozialen Medien ist gewachsen. Was mit dem Blog „Ninas rader“ begann, hat sich mittlerweile zu einem beliebten YouTube-Kanal, einem Podcast und einem der größten schwedischen Reitaccounts auf Instagram entwickelt. Wenn du zu den über 100.000 Followern gehörst, die Ninas Leben verfolgen, dann hast du Kritan, die sowohl vor als auch hinter der Kamera gerne mithilft, wahrscheinlich schon mal in ihrem Feed gesehen, 

Ich bin nicht der Typ Mensch, der unbedingt vor der Kamera sein muss. Aber wenn wir unterwegs sind und Nina etwas für ihren YouTube-Kanal aufnimmt, dann stört es mich nicht, mit dabei zu sein. Mir macht es tatsächlich ziemlich Spaß, hinter der Kamera zu stehen und ihr beim Filmen und Fotografieren zu helfen. So habe ich etwas zu tun, während sie reitet.“

„Es mag vielleicht wie ein Klischee klingen, aber das Beste an der ganzen Sache ist, dass ich an Ninas Leben teilhaben kann.“

Wenn Nina kein Interesse fürs Reiten entwickelt hätte, dann hätte Kritan trotzdem sicherlich eine Möglichkeit gefunden, Zeit im Stall zu verbringen.

Dann hätte ich wahrscheinlich wieder angefangen, regelmäßig Reitunterricht zu nehmen. Aber das Schöne ist, dass mir das jetzt so viel mehr gibt. Ich meine, Nina würde natürlich auch ohne meine Hilfe zurechtkommen. Wenn ich zum Beispiel im Urlaub bin, hat sie kein Problem damit, sich um alles selbst zu kümmern. Aber mir macht es einfach so viel Spaß und ich möchte wirklich dabei sein.“

Als ich Kritan nach ihrer Lieblingserinnerung mit Nina frage, muss sie eine Weile überlegen. Bei so vielen gemeinsamen Erlebnissen gibt es natürlich viele besondere Momente. Eine Sache, die Mutter und Tochter besonders in Erinnerung geblieben ist, ist der Sieg von Nina und Dorano im Finale der Lövsta Future Challenge für Junge Reiter in Stockholm im Jahr 2018. Kritan erinnert sich auch gerne an das erste Mal, als sie den Pferdetransporter packten und zu Ninas erstem internationalen Turnier in den Niederlanden fuhren. 

„Da war alles so neu! Wir waren viel jünger und wussten noch nicht genau, wie das alles funktioniert. Es war eine große Sache und richtig spannend!“

Kritan strahlt vor Freude, wenn sie in alten Erinnerungen mit Nina schwelgt. Im Laufe der Jahre haben die beiden viel miteinander erlebt, das wird im Gespräch mit Kritan deutlich. Ein kurzer Moment der Stille, dann lächelt Kritan und erzählt etwas, das ich an der Mutter-Tochter-Beziehung der beiden so bemerkenswert finde: Sie verbringen einfach wirklich unglaublich gerne Zeit miteinander. 

All die Stunden, die wir zusammen unterwegs waren, schätze ich sehr. Man könnte meinen, stundenlang im Auto zu sitzen, wäre langweilig, aber wir amüsieren uns immer prächtig. Wir quatschen, lachen, hören uns lustige Sachen an. Und wir packen immer einen Picknickkorb mit ein und haben eine gute Zeit. Ich wünschte, jeder könnte das erleben.“

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