Josie Eliason

Turniergroom auf Spitzenniveau

Als ich Josie zur vereinbarten Uhrzeit anrufe, fährt sie gerade ihren Pferdetransporter. Die Sommersaison hat begonnen und sie hat einen vollen Terminkalender mit Turnieren und Reisen vor sich. Einen freien Platz im Kalender eines Turniergrooms zu finden, kann eine echte Herausforderung sein, doch Turniergrooms sind in der Regel auch echte Planungsprofis mit unglaublichen Multitasking-Skills. 

Der prallgefüllte Kalender, das regelmäßige Reisen und der darauffolgende Jetlag gehören zum Leben, das sich Josie Eliasson ausgesucht hat und liebt. Seit 2015 arbeitet sie im Team der US-amerikanischen Springreiterin Jessica Springsteen. Als Jessicas Turniergroom folgt sie ihr dabei auf Turniere weltweit und kümmert sich um die Planung und Organisation aller Reisen. Ein Job, der hohe Ansprüche an Genauigkeit, Struktur und Effizienz stellt. Wir haben uns gefragt: Wie sieht der Alltag im Leben eines Turniergrooms auf Spitzenniveau aus? Was sind ihre täglichen Aufgaben? Wie kam sie an den Job in den USA? Welche Tipps gibt sie angehenden Grooms? Lies hier unser Gespräch mit Josie!

Wann hast du zum ersten Mal mit Pferden zu tun gehabt?
“Ich habe angefangen zu reiten, als ich sechs Jahre alt war. Das war in einer kleinen privaten Reitschule in der Nähe unseres Wohnorts.  Anfangs bin ich einfach nur mit einer Freundin in den Stall gegangen, wenn sie geritten ist. Ich war sofort begeistert und habe dann meine Eltern immer wieder gefragt, bis sie mir endlich erlaubt haben, Reitstunden zu nehmen. 

Meine Mama hatte früher einen Unfall mit Pferden. Deswegen hatte sie Angst, als ich mit dem Reiten angefangen habe. Für mich war es genau das Gegenteil: Je älter ich wurde, desto mehr wuchs mein Interesse und desto mehr Zeit habe ich im Stall verbracht. Als ich schließlich mein erstes Pony bekam, hat die Angst meiner Mama langsam nachgelassen und sie konnte schließlich sogar zu Turnieren mitkommen, helfen und selbst wieder reiten!”

Wie sah deine Reitkarriere danach aus?
“Ich habe zunächst in Ponyklassen auf Amateurniveau und dann mit Großpferden Springen bis zu 1,20 m bestritten. Die Besitzer meines damaligen Stalls hatten ein Fohlen aus einer älteren Turnierstute gezogen. Ich habe sofort eine Verbindung zu diesem Fohlen gespürt und bekam die Möglichkeit, bei ihrer Ausbildung und ihrem Training zu helfen. Die Besitzer haben mir dann angeboten, sie zu kaufen, als sie vier Jahre alt war, und wir sind zusammen in einigen Jungpferdeprüfungen gestartet.”

Wie kam es, dass du von der Turnierreiterin zum Turniergroom wurdest?
“Als mein Jungpferd größere Springen gegangen ist, versuchten wir uns für das Züchterchampionat zu qualifizieren und sind zu den Young Horse-Finals nach Falsterbo gereist. Eigentlich war es die Tochter der Stallbesitzerin, die das Pferd geritten hat. Ich war als ihr Groom bei den Turnieren dabei. Ich habe es von Anfang an genossen und gemerkt, dass ich gut darin bin. Aber zu dieser Zeit habe ich noch nicht wirklich daran gedacht, meine Karriere zu wechseln. Ich hatte einen anderen Job als Operatorin in einer Notrufzentrale in Schweden, wo ich meine Tage vor einem Computer mit neun Bildschirmen verbracht habe. Das war so ziemlich das Gegenteil von dem, was ich heute mache, haha.”

“Mein Traum war natürlich, in der Reitsportbranche arbeiten zu können.”

“Als ich etwa 25 Jahre alt war, bin ich in die Schweiz gereist, um ein paar Freunde zu besuchen, die mit Pferden arbeiteten. Ich war vier Tage dort und in dieser Zeit habe ich wirklich gefühlt “Das ist das, was ich in meinem Leben machen will!” Die Besitzer des Stalls, in dem ich geritten bin, waren immer wie eine Familie für mich, und sie haben mir freundlicherweise angeboten, sich um mein Pferd zu kümmern, wenn ich gehen möchte. Also habe ich meine Sachen gepackt und bin ins Ausland gegangen, um meinen Traum zu verfolgen.”

Was hat dich an diesem Beruf gereizt?
“Zunächst einmal natürlich die Möglichkeit, mit meiner größten Leidenschaft, den Pferden, zu arbeiten. Aber auch die Gelegenheit, die ganze Welt zu bereisen, viel Zeit im Freien zu verbringen und so viele verschiedene Orte zu sehen. Dann mag ich auch den Turnierteil der Arbeit sehr und finde es aufregend und motivierend, bei Turnieren dabei zu sein. 

Ein Turniergroom zu sein, ist harte Arbeit, bietet aber auch viel Freiheit. Ich liebe alles an diesem Job. Egal wie herausfordernd es auch sein kann, ich bereue nichts!”

Und wie bist du dann zu Jessica Springsteen gekommen?
“Ich habe etwas über ein Jahr lang als Groom in der Schweiz gearbeitet und die meiste Zeit im Stall verbracht. Ich wollte auch zu mehr Turnieren mitgehen, aber zu dieser Zeit war ein Lkw-Führerschein für Turniergrooms fast immer Voraussetzung. Den hatte ich damals leider nicht. Also verließ ich diesen Stall, um nach Schweden zurückzukehren und den Führerschein zu machen. 

Bevor ich jedoch überhaupt anfangen konnte, für den Führerschein zu lernen, hat mich jemand für eine freie Stelle als Groom bei Stal Tops in den Niederlanden empfohlen, die nach Florida und Wellington reisen sollten. In die USA zu gehen und in Florida zu arbeiten, war schon lange ein großer Traum von mir, also musste ich es einfach versuchen und mich für den Job bewerben – und dann hab ich ihn auch tatsächlich bekommen!”

“Ich dachte mir, im schlimmsten Fall kann ich einfach wieder nach Hause zurückkehren. Jetzt bin ich ja schon fast 8 Jahre hier.”

“Damals wusste ich nicht genau, was mich erwartet oder für welchen Reiter ich arbeiten würde. Aber ich habe es gewagt, habe noch einmal meine Sachen gepackt und Schweden verlassen. Dann habe ich herausgefunden, dass ich ein Teil des Teams von Jessica Springsteen sein würde.”

Josie & Jessica Springsteen

Wie hat sich deine Rolle im Laufe der Jahre verändert?
“Sie hat sich sehr stark verändert! Als ich anfing, gab es bereits einen Turniergroom, aber ich habe trotzdem die Chance ergriffen, nach Florida zu kommen. Also war ich anfangs nur Groom zuhause im Stall und habe mich um 8-9 Pferde am Tag gekümmert. Dann begann ich, nach und nach zu Turnieren zu fahren, wenn der reguläre Turniergroom nicht konnte oder bei einem anderen Event war. Nach etwa einem Jahr wollte sich der Turniergroom zurückziehen und mehr Zeit im Stall verbringen, also haben wir innerhalb des Teams die Rollen getauscht. Seit 2017 bin also ich für die Turniere zuständig.”

Wie sieht dein Alltag aus?
“Je länger ich im Team gearbeitet habe, desto umfangreicher wurde meine Rolle und ich habe mehr und mehr Verantwortung übernommen. Wir sind ein kleines Team ohne Stallmanager, also habe ich auch die Rolle der Managerin und erledige neben den Turnieren auch organisatorische Aufgaben. Besonders wenn wir zwischen den USA und Europa fliegen, gibt es viel Verwaltungsarbeit zu erledigen. Zum Beispiel dafür sorgen, dass alle Impfungen auf dem neuesten Stand sind, Anmeldeformulare ausfüllen, natürlich die Logistik der Flüge planen und sicherstellen, dass die Pferde genügend Ruhezeiten haben. 

Es gibt viel zu beachten, aber wir sind routiniert und planen immer etwa vier Wochen im Voraus. 

In meinem Alltag reise ich viel. Heute Nachmittag bin ich seit einer Woche in Europa und bin letzte Woche aus Mexiko eingeflogen. Davor war ich in den USA und in zwei Wochen geht es nach Rom.” 

Oh, hast du dann ständig einen Jetlag?
“So schlimm ist das eigentlich gar nicht! (lacht) Dieses Jahr haben wir sechs Monate in den USA verbracht, daher habe ich gerade wirklich starken Jetlag. Mir fällt es immer viel schwerer, mich wieder an die europäische Zeit anzupassen. Aber andererseits: Wenn man nicht so viel schläft, kann man viele andere Dinge erledigen. (lacht) 

Ich erinnere mich an ein besonders hartes Jahr, als ich von den USA nach Europa geflogen bin: Ich war eineinhalb Tage in Europa, bevor ich weiter nach Shanghai geflogen bin, das einen Zeitunterschied von 12 Stunden zu dem Ort hatte, wo ich zuvor in den USA war. Man lernt einfach, wann immer man kann zu schlafen.” 

Du kommst also echt rum und siehst die Welt, oder?
“Ja, und das ist das Tolle daran! In den letzten Jahren habe ich angefangen, in all den neuen Orten, die wir besuchen, eine Runde laufen zu gehen, um mehr zu sehen als nur die Arena und die Ställe. Dank dieses Jobs kann ich so viele unglaubliche Orte erkunden, die ich sonst nie besucht hätte. Aber natürlich hat es auch seine Höhen und Tiefen.

Ein Turniergroom zu sein, ist kein normaler Job mit geregelten Arbeitszeiten. Mehr als nur ein Job ist es ein Lifestyle. Man lebt ja wirklich für diese Pferde.”

“Wenn ein Pferd sich nicht wohl fühlt, dann muss man da sein. Da spielt es auch keine Rolle, ob du andere Pläne oder eine Tischreservierung in einem Restaurant hast.” 

Was sind die Zukunftspläne für Team Springsteen?
“Unser nächstes großes Ziel sind gerade die Panamerikanischen Spiele in Chile, die nord- und südamerikanische Version der Europameisterschaften.”

Wie bereitet man sich als Groom auf eine Meisterschaft vor?
“Meiner Meinung nach ist es wichtig, kein großes Aufhebens darum zu machen. Eine Meisterschaft ist natürlich ein wichtiges Turnier, aber letztendlich ist es wie jedes andere Turnier auch. Für die Pferde ist es am besten, wenn man sich an ihre gewohnte Routine hält.

Meine Hauptaufgabe besteht darin, sicherzustellen, dass die teilnehmenden Pferde glücklich und gesund sind. Einen guten Turnierplan für das Jahr aufzustellen, bei dem man genug startet, um die Pferde in Form zu halten, aber nicht zu viel. Und natürlich wähle ich Turniere aus, von denen ich überzeugt bin, dass sie gut passen werden.

Da eine Meisterschaft viele anspruchsvolle Runden beinhaltet, helfe ich normalerweise bei der Vorbereitung, indem ich ihre Fitness vorher aufbaue.”

Hast du Tipps, wie man einen Job als Groom finden kann?
“Tatsächlich habe ich eine Online-Jobbörse namens Yehaww gegründet, die ein bisschen wie LinkedIn für die Pferdebranche funktioniert. Dort kannst du ein Profil erstellen und durch Stellenangebote stöbern.

Ich habe das Projekt gestartet, um es für Leute, die zum Beispiel als Grooms arbeiten möchten, einfacher zu machen, verfügbare Stellen zu finden. Früher ging es oft darum, jemanden zu finden, der jemanden kennt, der jemanden kennt… was ja ziemlich einschüchternd sein kann. Mein Ziel ist es, den Übergang in die Pferdebranche reibungsloser zu gestalten. Also mein heißer Tipp, wenn du nach einem Job suchst: Schau doch mal vorbei!”

Was sollte man deiner Meinung nach beachten, bevor man als Groom zu arbeiten beginnt?

  • Zuallererst ist es immer gut, sich über die Vorschriften in Bezug auf Versicherungen, Arbeitserlaubnis, Visa usw. im Land, in das du gehen möchtest, zu informieren. Viele Länder verlangen eine obligatorische Krankenversicherung, also prüfe solche Dinge unbedingt im Voraus. 
  • Kläre ab, was bei deinem potenziellen Arbeitgeber enthalten ist. Viele Groom-Jobs beinhalten Unterkunft und manchmal sogar Verpflegung.
  • Sei offen dafür, neue Dinge dazuzulernen. Du musst kein Reitprofi sein, um als Groom erfolgreich zu sein. Aber du musst bereit sein, dich weiterzubilden, sowohl theoretisch als auch praktisch. Ich arbeite seit 2014 in diesem Bereich und lerne immer noch jede Woche Neues dazu. Es gibt so viele talentierte Grooms, von denen man lernen kann, und jeder hat seine eigenen Wege und Methoden.

“Es geht nicht darum, wie gut du bist, sondern wie gut du werden möchtest.”

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