Mira Müller-Steinmann

Das Leben als Reitinfluencerin

Jemals gefragt, wie es ist, als Reitinfluencer zu sein? Es klingt ja echt wie ein Traum: Jeden Tag reiten, Pferdebilder und -videos teilen UND dafür bezahlt werden. Wir haben uns bei der erfolgreichen Grand Prix-Reiterin und Reitinfluencerin Mira Müller-Steinmann erkundigt, ob das Ganze wirklich so einfach ist. Spoiler-Alarm: (Wer hätte es gedacht?) Es ist nicht immer einfach und man muss sehr gut Grenzen setzen können. Wie findet Mira eine gesunde Work-Life-Balance in einem Job, bei dem man fast 24/7 online sein muss? Und warum ist Authentizität so unglaublich wichtig als Content Creator? Wir haben Mira einfach mal gefragt!

Willst du uns mal einen Überblick geben: Wie sieht heutzutage als Vollzeit-Influencerin ein typischer Tag für dich aus?
Die Linien zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen für mich, da ich 7 Tage die Woche arbeite. Da mir Josephin und mein Team mit dem Rest helfen, bin ich die meiste Zeit im Stall und reite. Im Stall hilft mir dann auch jemand mit dem Content und den Pferden im Allgemeinen. Ein grober Tagesablauf:

  • Zwischen 6 und 7 Uhr: Aufstehen, egal ob unter der Woche oder am Wochenende
  • 7 bis 9 Uhr: Büroarbeit: Ich schneide, lade Content hoch und schreibe Rechnungen – das mache ich alles selbst
  • Danach: Ab in den Stall, dort verbringe ich meist 5-7 Stunden. Ich habe dort viel zu tun, da ich meinen eigenen Stall habe und mich um viele Dinge kümmern muss. An mehreren Tagen in der Woche bekomme ich Unterstützung durch meinen Groom, der mich auch filmt.
  • Abends eine kurze Pause fürs Abendessen, und dann muss ich noch andere Sachen hochladen, das dauert ungefähr 2 Stunden.

Als Influencer ist die eigene Reichweite ja enorm wichtig. Wie hast du zu Beginn deinen Account bekannt gemacht?
Ich denke, es war meine Kontinuität, die mich bekannt gemacht hat. Ich habe einfach immer regelmäßig gepostet. Das Einzige, was ich ein bisschen genutzt habe – ich weiß nicht, ob das andere noch kennen? – war die Facebook-Gruppe Pferdetrends. Das war eine Gruppe mit so ca. 20 000 bis 30 000 Mitgliedern in der man Beiträge verfasst und zum Beispiel ein Outfit aus der letzten Kollektion mit Firma XYZ gepostet hat. Und ich habe da ganz stolz unsere Outfits präsentiert (lacht). Ich erinnere mich auch, dass einige große Seiten dann mal Bilder von uns verwendet und mich getaggt haben. Das hat mir Reichweite gegeben, aber ansonsten nichts wirklich.

„Es war meine Kontinuität, die mich bekannt gemacht hat.“

Du hast mit Facebook begonnen, dann kam Instagram. Mittlerweile ist ja zum Beispiel TikTok eine extrem populäre Plattform. Wie gehst du mit solchen Trendverschiebungen um?
Man ist wohl dazu angehalten, mitzumachen. Ich brauche meistens ein bisschen länger als meine Kolleginnen, um mich mit solchen Trends zu beschäftigen, da mein Fokus bei den Pferden liegt und ich nicht so viel Zeit investieren kann. Trotzdem macht es auf jeden Fall Sinn, sich damit zu beschäftigen. Das bedeutet nicht, dass man alles machen muss. Ich habe zum Beispiel kein YouTube, aber TikTok ist auf jeden Fall relevant und wichtig. Ich muss sagen, wir versuchen, unseren TikTok-Account im Moment noch zu pushen (lacht). Es klappt an sich ganz gut. Mein Helfer Luca hat sich dem jetzt angenommen und probiert ein bisschen herum, um zu sehen, wie sich das verbessern lässt. Ich habe dafür zeitlich keine Kapazitäten. Privat nutze ich TikTok auch gar nicht, aber ich sehe, dass es wichtig ist für uns und mache dann auch gerne mit. Ich brauche einfach jemanden, der das für mich vorantreibt, ich bin da nicht so hinterher.

Ist Facebook für dich als Influencerin heutzutage noch relevant?
Nein, nicht wirklich. Ich habe es noch, aber ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich es noch habe (lacht). Wenn, dann nutze ich es privat. Aber kommerziell gar nicht mehr. Meine Seite ist auch inaktiv und unsichtbar. Ich will sie nicht löschen, aber ich nutze sie gar nicht mehr.

Deine Social Media-Accounts sind ja schon seit immer auf Deutsch. Hast du jemals darüber nachgedacht, auf Englisch zu schreiben, um ein größeres Publikum zu erreichen?
Ja, der Gedanke ist mir schon mal gekommen und es gab auch Nachfragen dazu. Aber erstens gibt es ja mittlerweile z.B. die Übersetzungsfunktion auf Instagram für Posts und zweitens frage ich mich, ob meine Zielgruppe überhaupt im Ausland liegt. Manchmal schreibe ich zwar Bildunterschriften auf Englisch, aber eher zu speziellen Anlässen und nicht im Alltag. Ich glaube, ich würde mich auch auf Englisch wohl fühlen und ich denke, dass es für die Kommunikation mit Firmen sinnvoll sein kann, aber für mich ist es momentan kein Muss.

Bist du diejenige, die auf Instagram die Beiträge schreibt und hochlädt? Drückst du höchstpersönlich quasi auf den „Senden Knopf?
Ja, genau das mache ich alles selbst. Klar könnte ich zum Beispiel Werbevideos, die schon gedreht sind, von Josephin hochladen lassen. Aber ich finde, dass es es irgendwo nicht authentisch und zu unpersönlich ist, wenn man das nicht selbst macht. Es gibt ja einige bekannte Profireiterinnen und -reiter, die das von anderen erledigen lassen. Aber ich finde, das merkt man in der Regel auch und das macht das Ganze dann sehr unpersönlich. Im Vergleich zu anderen Influencern versuche ich eh schon, nicht zu viel persönlichen Content und weniger Privates zu teilen. Aber wenn ich dann auch nicht mal selbst hochladen würde, dann würde es richtig unauthentisch werden.

Und du antwortest auch auf Kommentare und Nachrichten auf Instagram?
Ja, auch das bin ich selbst. Mir ist der Kontakt auch sehr wichtig. Privat beantworte ich WhatsApp-Nachrichten nicht unbedingt regelmäßig (lacht), aber in diesem Fall ist es mir schon wichtig. Wenn viele Leute ähnliche Fragen haben, versuche ich zum Beispiel auch in den Stories zu antworten oder es zu erklären. Aber grundsätzlich beantworte ich persönlich so viel ich kann. Das gehört ja auch zum Job dazu, wirklich präsent zu sein, Fragen zu beantworten, sei es zu mir, zu den Pferden oder zu den Produkten. Alles zusammen genommen bin ich dann oft so 4 bis 5 Stunden täglich mit Social Media beschäftigt.

Du hast keinen typischen 8-17 Uhr Bürojob. Da kann ich mir vorstellen, dass es schwer ist, wirklich abzuschalten nach der Arbeit…
Total! Besonders weil es mir so Spaß macht, ist es noch schwieriger, einen klaren Cut zu machen. Bei Instagram verschwimmen auch schnell die Grenzen zwischen privater und beruflicher Nutzung. Deshalb nutze ich die Plattform privat kaum noch und folge nur wenigen Firmen oder Leuten, die ich mag oder gerne sehen möchte. Ich nutze Instagram persönlich immer weniger, um mir mehr Freizeit davon zu verschaffen. Und ich plane schon lange, in Zukunft regelmäßig einen Instagram-freien Tag zu machen, an dem ich gar nichts auf Insta mache, keine Stories poste, keine Beiträge plane usw. sondern es echt mal sein lassen. Das ist gerade ein bisschen so mein nächstes Ziel, das konsequent hinzubekommen. Das mit der fehlenden Balance geht aber wohl vielen so und ist einfach auch eine schwere Aufgabe.

Man muss in diesem Job auf jeden Fall sehr diszipliniert sein, um sich selbst klare Grenzen zu setzen.“

Was ist etwas am Influencerin sein, dass viele Leute nicht richtig verstehen?
Ich denke, genau diese Reichweite des Jobs ist vielen nicht bewusst, wie die Arbeit ins Privatleben übergreift. Es gibt zwar Tage, an denen ich keine Videos im Stall aufnehme, so ein- oder zweimal pro Woche. Das bedeutet jedoch nicht, dass ich an den Tagen nichts poste. Das wurde alles schon zuvor genau durchgeplant. Ich bin dankbar für meinen Job, aber manchmal ist es schwierig, weil irgendwie mein ganzes Leben da reinspielt. Zusätzlich wissen viele immer noch nicht, dass das mein Job ist und fragen mich, was ich beruflich mache, damit ich mir das mit den Pferden leisten kann. Das Beantworten von Nachrichten und das Posten von Beiträgen sind nur ein Minimum dessen, was dahintersteckt. Es gibt viel Arbeit hinter den Kulissen, wie z.B. die Kommunikation mit Firmen, die Planung und Vorbereitung von Inhalten, E-Mails und das Schneiden von Videos.

Gibt es etwas, das du an deinem Job gar nicht magst?
Gar nicht ist vielleicht etwas zu stark ausgedrückt. Ich finde es aber schwierig, dass erwartet wird, dass man alles teilt. Gerade wenn man sein Privatleben einfließen lässt, wird von vielen erwartet, dass alle Erfahrungen und Erlebnisse ausführlich erläutert werden. Das finde ich nicht in Ordnung. Auch wenn es mein Job ist, andere mit meinem Leben zu unterhalten, gibt es trotzdem Dinge, die privat bleiben sollten. Ich selbst habe es jedoch gut geschafft, mich vor diesen Dingen zu schützen und habe damit eigentlich kein Problem, weil ich nicht zu viele private Einblicke gebe.

 „Auch wenn es mein Job ist, andere mit meinem Leben zu unterhalten, gibt es trotzdem Dinge, die privat bleiben sollten.“

Hast du das Gefühl, dass deine Follower gerne mehr Persönliches von dir erfahren würden? 
Genau, aber ich kann das dann sehr gut abtrennen und sage auch, wenn ich etwas nicht teilen möchte oder dazu aktuell nichts sagen kann. Leider ist es oft so, auch wenn es böse klingt, dass viele gerade dann interessiert sind, wenn es bei jemandem gerade nicht so gut läuft, wenn es Probleme oder Klatsch und Tratsch gibt. Das ist meiner Meinung nach eine ungesunde Entwicklung und für viele Kolleginnen ist das ein großes Problem. Wie gesagt, ich habe aber das Glück, dass ich vorausschauend war und nie viel Persönliches preisgegeben habe.

Was ist das Beste an deinem Job?
Das Beste ist eigentlich das große Ganze. Ich kann meinen Traum leben. Ohne diesen Job wäre ich im Sport nicht so erfolgreich, weil ich nicht genug Zeit investieren könnte. Außerdem wäre ich nicht dazu gekommen, so viel zu reiten, ohne Bereiterin zu sein. Ich kann mir aussuchen, welche Pferde ich für Beritt annehme, weil ich es wirklich rein zur Erweiterung meines Contents mache, nur für mich selbst und meine Interessen. Das ist ein extrem großes Privileg, das ich unglaublich zu schätzen weiß. Durch diese Möglichkeit kann ich einfach meine Ziele und Wünsche erfüllen. Der Job ist zwar manchmal ein bisschen Fluch und Segen zugleich, aber ich würde ihn niemals hergeben wollen.

Der Job ist zwar manchmal ein bisschen Fluch und Segen zugleich, aber ich würde ihn niemals hergeben wollen.“

Vielen lieben Dank, Mira. Bis zum nächsten Mal!

Folge Mira auf Instagram unter: @miraaams
 
Lies hier Teil 1 der Serie: Vom Hobby zum Beruf

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